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Sommeruniversität 2023

Grenzen als (Un-)Sicherheitsräume

Das Schild erinnert an den deutsch-dänischen Europatag 1997, 23 Jahre später wurde die Grenze in Pattburg/Padborg wieder geschlossen. Foto: Karin Riggelsen

Ein Europa ohne Grenzen – mit diesem Traum ist es vorerst vorbei. Eine Reihe von Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat im März 2020 aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie ihre Grenzen geschlossen und damit die wirkmächtige Denkfigur des „Primats der Außenpolitik” wiederbelebt. Diese Vorstellung von einer klaren Unterscheidung äußerer und innerer Sicherheit und daraus resultierender Grenzziehungen ist in vielen Fällen das Produkt neuer – häufig globaler – Sicherheits- und Unsicherheitswahrnehmungen. In ihr spiegelt sich eine erneute Hochphase europäischer National- und Territorialstaatlichkeit, wie wir sie seit der Flüchtlingskrise 2015 und dem gleichzeitigen Aufstieg nationalistischer Parteien beobachten können. Allerdings waren Sicherheitsdynamiken schon immer Territorialisierungsdynamiken und unterlagen vor allem im 19. und 20. Jahrhundert der Logik des Statebuilding. Ein Beispiel für diese Entwicklung stellt die deutsch-dänische Grenzregion dar, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts von zahlreichen Konflikten geprägt war und die das binationale Verhältnis Deutschlands und Dänemarks bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte. Schließlich existiert seit dem 20. Jahrhundert ein regelrechtes „Grenz-Syndrom”, das Grenzen in regelmäßigen Abständen zu einem der zentralen Themen in der politischen Öffentlichkeit werden lässt und dabei gewissermaßen nationale Identitätsbildungsprozesse befördert – stets in Abgrenzung von den unmittelbaren Nachbarn.

Es liegt demnach auf der Hand, dass Sicherheit immer auch eine räumliche Dimension aufweist. Denn durch die Begrenzung eines geographischen Gebiets wird versucht, eine regulative Kontrolle durchzusetzen. Umso mehr erstaunt daher, dass der offensichtliche Wechselbezug zwischen Räumlichkeit und Sicherheit mit Blick auf die deutsch-dänische Grenzregion bislang nur wenig reflektiert worden ist. Immerhin sind stabile und wechselseitig anerkannte Grenzen nur bedingt Trennlinien, vielmehr entwickeln sie sich oftmals zu Referenzpunkten für Austausch und Interaktion. Dieser Durchlässigkeit von Grenzen unter dem Blick von Sicherheitsaspekten wird sich die Sommeruniversität 2023 vom 6. bis 12. August 2023 in der Bildungsstätte Knivsberg widmen.

Ein interkultureller Lernort

Die Sommerschule beleuchtet die unterschiedlichen Narrative, besucht regionale Gedenkstätten und diskutiert die Bedeutung des inszenierten Gedenkens für die heutige Gesellschaft. Die Teilnehmer:innen werden in Kleingruppen verschiedene Podcasts erstellen, um sowohl die spezifischen Geschichten als auch ihre Verwendung zu verstehen und zu vermitteln. Hier erhalten sie die Möglichkeit, mit individuellen Perspektiven auf Geschichte, Kultur und Politik in einer multiethnischen Gesellschaft zu arbeiten.

Internationale Teilnehmende und interdisziplinäre Forschung

Als Kooperationsveranstaltung des Internationalen Wirtschaftskommunikationsstudiums und des Zentrums für Grenzregionsstudien der Süddänischen Universität, des Instituts für Hessische Landesgeschichte der Philipps-Universität Marburg, der Abteilung für Regionalgeschichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, des Friesischen Seminars und des Studiengangs European Cultures and Societies der Universität Flensburg, der Ausländerförderung der Konrad-Adenauer Stiftung, des Bundes Deutscher Nordschleswiger und der Dänischen Zentralbibliothek für Südschleswig, richtet sich die Sommeruniversität an Studierende unterschiedlichster Fachrichtungen.

Der internationale und interdisziplinäre Zu­schnitt ermöglicht es den Teilnehmenden, die Entwicklung einer historischen Grenzregion aus verschiedenen Perspektiven zu analysieren. Dadurch eröffnet sich für Studierende wie Dozenten zugleich ein neuer Blickwinkel auf das Thema „Grenzen als (Un-) Sicherheitsräume“. Die Sommeruniversität stellt somit einen innovativen Studien- und Begegnungsort dar, der den fachlichen, interdisziplinären und interkulturellen Austausch bewusst fördert. Arbeitssprachen der Sommeruniversität sind Deutsch und Englisch.

Studierende der Sommeruniversität am Idstedt-Löwen (dän. Istedløven) in Flensburg/Flensborg. Foto: Caroline E. Weber